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PresseSo fern, so nah – Interview mit ADeKo Vorstandsmitglied Professorin Dr. Eun-Jeung Lee (FU Berlin)

13 Jan 2025
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Im Rahmen der Interviewreihe "So fern, so nah" von KBS WORLD German ist am Freitag, den 10. Januar 2025 ein Interview mit der Dekanin des Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der FU Berlin, Professorin Dr. Eun-Jeung Lee (ADeKo Vorstandsmitglied, Operation Committee in Germany) veröffentlicht worden, das wir gerne mit euch teilen möchten.
Über den unten stehenden Link könnt ihr das Interview direkt auf der Website von KBS WORLD German anhören, oder euch hier die Verschriftlichung durchlesen. Viel Spaß!

Interview anhören (ca. 15min)


Verschriftlichung des Interviews

* Anmerkung: Das Interview ist überwiegend wortgetreu wiedergegeben, wobei manche Bereiche etwas gekürzt oder die Satzstellung geändert wurde, um die Umwandlung von gesprochener Sprache zum schriftlichen Interview besser zu gestalten.


Moderator: Hallo und herzlich willkommen zur Interviewsendung „So fern, so nah“. In dieser Sendung beleuchten wir den facettenreichen Austausch zwischen dem Deutschsprachigen Raum und Korea. [...] Am Mikrofon: Kim Mi-su

Was macht die Koreanistik so besonders, dass sie mittlerweile auch in Europa immer mehr Aufmerksamkeit erregt? In unserer heutigen Sendung werfen wir einen Blick auf die spannende Entwicklung dieser Disziplin, die sich von einem wenig beachteten Studienfach zu einem zentralen Brückenbauer zwischen Korea und Europa entwickelt hat.

Unsere Gesprächspartnerin ist Prof. Dr. Eun-jeung Lee, eine Vorreiterin auf diesem Gebiet. Sie spricht darüber, wie sie sich für die Entwicklung der Koreanistik in Deutschland engagiert hat. Außerdem gibt sie spannende Einblicke, in welchen Bereichen AbsolventInnen der Koreanistik heute aktiv sind und wie das Fach ihren beruflichen Werdegang beeinflusst hat.

Guten Tag, Professorin Dr. Eun-Jeung Lee, könnten Sie sich bitte für unsere Hörerinnen und Hörer kurz vorstellen?

Professorin Dr. Eun-Jeung Lee: Ja, guten Tag. Mein Name ist Eun-Jeung Lee. Ich bin die Leiterin der Koreastudien an der FU Berlin.


Koreanistik ist ein Fachgebiet, das im Zuge der wachsenden Popularität von K-Contents und der erneuten Ausbreitung der Hallyu-Welle weltweit verstärkt ins öffentliche Interesse rückt. Dennoch bleibt vielen unklar, was die Koreanistik als akademische Disziplin umfasst. Könnten Sie vielleicht ganz kurz erklären?

Also, an der FU Berlin nennen wir dieses Fach nicht „Koreanistik“, sondern „Koreastudien“. In diesem Wort wird auch die Intention des Faches reflektiert. Bei „Koreastudien“ liegt der Fokus stark auf dem sozialwissenschaftlichen Bereich. Traditionell heißt es in Deutschland „Koreanistik“, da wird mehr die geisteswissenschaftliche Seite/ Regionalstudien reflektiert. Das heißt, wenn man Koreastudien betreibt, konzentriert man sich auf die Erforschung des Modernen Koreas, inklusive Politik, Wirtschaft und Kultur. Bei der traditionellen „Koreanistik“ wird verstärkt die alte Geschichte/ das Vormoderne Korea, die Vormoderne Literatur Koreas unterrichtet/ daran geforscht. Aber dennoch unterscheidet man „Koreanistik“ und „Koreastudien“ zurzeit nicht so stark, zumindest in der Lehre werden alle Themen die Korea betreffen (sowohl Südkorea als auch Nordkorea) unterrichtet und in der Forschung liegt der jeweilige Fokus der Wissenschaftler anders. [...]


Sie haben kürzlich auch das Buch „Die Koreanistiklehrerin in Berlin“ [베를린의 한국학 선생님] veröffentlicht, das in Korea große Aufmerksamkeit erregt hat. Könnten Sie uns eine kurze Einführung in dieses Buch geben?

Es ist ein Resümee über meine Arbeit als Koreanistik-Professorin in Berlin in den letzten 16 Jahren und welchen Weg ich gegangen bin, um als solche zu arbeiten. Darüber habe ich reflektiert. Das Buch ist ein kleiner Essay-Band (keine wissenschaftliche Arbeit) über die Arbeit und den Aufbau der Koreastudien-Professur in Berlin, was ich in der Zeit gemacht habe und auch darüber, welche Veränderungen ich in der Wahrnehmung von Korea innerhalb Deutschlands beobachtet habe.


Im Jahr 2008 haben Sie die Professur für Koreanistik an der Freien Universität Berlin übernommen. Zu dieser Zeit war die Koreanistik in Deutschland wohl eher noch eine Rand-Disziplin – wie wurde das Fach damals wahrgenommen?

Es wurde gar nicht wahrgenommen, (lacht) man wusste überhaupt nicht, dass es überhaupt existiert. Also, nur wenige wussten, dass Koreanistik oder Koreastudien als Fach existiert. Und es gab auch insgesamt nur an drei Universitäten in Deutschland Koreanistik oder Koreastudien als Fach. Das heißt es war selten, jemanden zu treffen, der etwas von Koreanistik/ Koreastudien verstanden hatte. Ich musste immer erklären, was wir im Rahmen dieses Faches machen.


Welche weiteren Herausforderungen standen zu Beginn Ihrer Arbeit im Vordergrund?

Es war erst einmal wichtig, die Sichtbarkeit des Faches zu erhöhen, das war die größte Herausforderung. Das heißt, die Zahl der Studierenden (Sichtbarkeit in der Lehre) musste erhöht werden, aber auch die Sichtbarkeit in der Forschung. Das bedeutet, wir haben praktisch von null angefangen und wenn man ein Fach von null aufbauen will, muss man alles machen: ein neues Lehrcurriculum entwickeln; [mach recherchiert,] welche interessanten Themen es in der Nachbardisziplin oder dem gesamten wissenschaftlichen Betrieb gibt und welche Öffentlichkeitsarbeit man machen muss… Man muss ganz sorgfältig planen und auch aktiv eingreifen.


In den letzten Jahren hat sich der Fachbereich unter Ihrer Leitung stark entwickelt. Die Zahl der Koreanistik-Studierenden ist von ca. 20 auf über 300 gestiegen. Welche Strategien oder Maßnahmen haben dazu beigetragen, diesen Erfolg zu erzielen?

Es gibt ja nur an wenigen Universitäten das Fach Koreanistik/ Koreastudien – aber in den letzten 15 Jahren hat das Interesse an Korea in der Deutschen Öffentlichkeit zugenommen. Das heißt, es gab Interessierte die sich mit Korea beschäftigen wollten; solche jungen Leute haben sich dazu entschieden Koreanistik/ Koreastudien im Hauptfach zu studieren. Aus diesem Grund musste ich keine großartigen Strategien entwickeln, um mehr Studierende zu mobilisieren. Zwischen 2010 und 2015 hat die Anzahl Studierender (Koreanistik/ Koreastudien) enorm zugenommen, sodass wir einen Numerus Clausus eingeführt haben, wodurch seit 2014 die Anzahl Studierender (Koreanistik/ Koreastudien) an der FU konstant geblieben ist.


In welchen Branchen und Berufsfeldern sind denn Ihre Absolventen besonders aktiv? 

Sehr unterschiedlich. Es gibt viele Absolventen, die im Bereich Übersetzung arbeiten, zB für Webtoons, Computer Games – also im Bereich e-commerce. Es gibt aber auch viele die als Journalisten, also in den Medien, arbeiten oder in Firmen oder Behörden untergekommen sind, die mit Korea zu tun haben. Die Wege der Absolventen der Koreastudien unterscheiden sich nicht allzu sehr von anderen Absolventen geisteswissenschaftlicher Fächer, die ja auch sehr vielfältig sind.


Welche Momente ihrer akademischen Laufbahn empfinden Sie selbst als besonders prägend oder erfüllend? 

Wenn ich zurückblicke, ist es die Zeit in der ich an meiner Habilitation gearbeitet habe; das war sehr wichtig für mich. Aber auch in den ersten 5 Jahren nachdem ich den Lehrstuhl übernommen habe, also die Zeit der Aufbaufrage des Faches, war sehr prägend und interessant für mich. Während der Habilitation habe ich ein ganz neues Themenfeld bearbeitet, was bis dahin keiner bearbeitet hatte und auch die ersten 5 Jahren an der FU Berlin waren Pionierarbeit.


Ich möchte nun zu einem etwas aktuelleren Thema übergehen. Angesichts der jüngsten kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts und der politischen Entwicklungen in Korea stellen sich einige Fragen. Erstens: Wie wird die Ausrufung des Kriegsrechts in Korea in Deutschland wahrgenommen, zB in akademischen Kreisen? 

Korea ist ja schon seit Langem in Blickfeldern Deutscher Wissenschaftler gerückt; auch in Deutschen Medien gibt es viele Leute die genau beobachten, was in Korea passiert. In den ersten Tagen habe ich deshalb auch mit den Deutschen Medien auch viele Interviews gehabt, aber ich habe auch sehr schnell eine Reaktion von meinen Kolleginnen aus Deutschland gesehen. Ich bin ja jetzt in Korea, also es war Zufall, dass diese Tage vor Ort miterleben durfte. Die Kolleginnen haben mir auch geschrieben und mich gebeten, die Situation zu erklären. […]


Wie könnten dann solche Ereignisse das Bild Koreas in Deutschland und die bilateralen Beziehungen in beiden Ländern beeinflussen?

Also was bilaterale Beziehungen in Deutschland und Korea angeht, da mache ich mir keine Gedanken, das ist sehr stabil. Da brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Die Frage ist, wie hat sich das Bild Koreas in Deutschland geändert? Am Anfang habe ich an den Fragen der Deutschen Journalisten gemerkt, dass sie sofort auf einen alte Korea-Blick, also eine instabile Demokratie, zurückgreifen wollten. Aber mit der Weile haben diese Journalisten auch verstanden, dass es keine Gefährdung der Demokratie war, sondern dass diese im Gegenteil sehr stark in Korea ist und auch sehr schnell wiederhergestellt werden konnte. Das war sehr wichtig.


Welche Formen der Zusammenarbeit bestehen derzeit zwischen Deutschen Universitäten und Koreanischen Institutionen im Bereich der Koreanistik?

Es gibt ganz unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit mit den sehr vielfältigen Koreanischen Institutionen und Koreanistik in Deutschland; es gibt da Förderungen für die Koreanistik/ Koreastudien in Europa oder im Ausland, spezifisch die Korea Foundation oder Academy of Korean Studies, die haben ganz unterschiedliche Programme. Es gibt auch zwischen den Koreanischen Universitäten wie zB den Fakultäten für Geschichte, mit vielen Deutschen Universitäten Kooperationen. Ich bin ja zB auch von der Fakultät Geschichte der Seoul National Universität zum Forschungsaufefnthalt eingeladen worden.


Abschließend möchte ich Sie fragen, welche langfristige Vision Sie für die Rolle der Koreanistik in der deutschen Hochschullandschaft haben.

In der Deutschen Hochschullandschaft ist die Sichtbarkeit der Koreanistik ist die Sichtbarkeit der Koreanistik immer noch nicht SO stark, ich hoffe dass die Koreanistik auch in der Forschung und in Deutschland mehr sichtbar wird. Ich denke, in der Lehre bilden wir derzeit genug Studierende aus, aber es gibt genug Punkte die die Koreanistik zur Forschungslandschaft auch in Deutschland beitragen könnte. Das wäre langfristig gesehen eine Stärkung – oder bedeutende Beiträge sollten von der Koreanistik auch kommen.


Vielen Dank für das Gespräch heute.

Ja, vielen Dank. (Musik) 

Sie hörten die Interviewsendung „So fern, so nah“. Vielen Dank fürs Zuhören – am Mikrofon war Kim Mi-Su.